Mit Memes zum Imagewandel: Was Unternehmen von Kamala Harris lernen können
Die jüngsten Erfolge von Kamala Harris in den sozialen Medien zeigen eindrucksvoll, wie moderne Kommunikation im digitalen Zeitalter aussehen kann. Innerhalb weniger Stunden wurde die US-Politikerin nicht nur als mögliche Präsidentschaftskandidatin vorgeschlagen, sondern durch diverse Memes auch zu einem Social Media-Hit. Marlon Giglinger erklärt, welche Lehren Unternehmen daraus ziehen können, um ihre Online-Präsenz zu stärken und vor allem jüngere Zielgruppen zu erreichen. Er ist Mitgründer und CEO der Agentur Netzschreier, berät Unternehmen wie Creator zu Influencer-Marketing und hat bereits über 5.000 Kampagnen umgesetzt. Giglinger meint sogar, dass “Memefluencer” für den Imagewandel in den sozialen Netzwerken die besseren Berater sind als klassische Unternehmensberatungen:
Memes sind die Kultursprache unserer Zeit
Kamala Harris und ihr Team haben es innerhalb weniger Tage geschafft, dass die halbe Welt über die Bedeutung von “Brat” und Kokosnüssen spricht. Die beiden Begriffe haben sich als Memes etabliert, deren tiefere Bedeutung oft nur Insidern bekannt ist. Das ist bei Weitem kein Zufall, sondern strategisch geplant.
So ist Team Harris gekonnt auf den sog. “Brat”-Trend aufgesprungen, der durch die britische Musikerin Charli XCX populär wurde und vor allem durch seine giftgrüne Ästhetik besticht. Der Farbton stammt vom Album “Brat”, das die Künstlerin dieses Jahr veröffentlicht hat. Bereits im Vorfeld ihrer möglichen Präsidentschaftskandidatur wurde Harris vor allem auf TikTok in Fan-Videos mit Millionenreichweite als „Brat-Girl“ präsentiert, die das Leben feiert, ohne zu sehr auf ihre Außenwirkung zu achten. Seit dem Rücktritt Joe Bidens als Präsidentschaftskandidat beteiligt sich Team Harris nun aktiv an dem Trend und hat dafür unter anderem den eigenen X-Kanal in das markante Grün des Trends eingefärbt. Das signalisiert jungen Zielgruppen wie der Gen Z, die einen großen Teil solcher Trends ausmachen, “Wir hören euch, verstehen euch und sind ein Teil von euch” und wurde mit hunderttausenden neuen Followern honoriert.
Für Marken ist ein solcher Erfolg natürlich nicht eins zu eins reproduzierbar. Gleichzeitig dürfen die Kampagnen nicht zu absurd oder gekünstelt wirken, denn das wird von der Community sofort registriert und abgestraft. Doch es gibt Möglichkeiten, um solche Insider in den sozialen Netzwerken für sich selbst zu nutzen. Im Schatten von Joe Biden hatte Kamala Harris nur wenig Möglichkeiten, sich im Netz zu profilieren. Der jetzige Hype belegt, dass ein schneller Wandel selbst vermeintlich eingestaubten Marken gelingen kann oder sogar gerade diesen, weil sie von einem Überraschungseffekt profitieren können. Ein positives Beispiel aus Deutschland ist an dieser Stelle Dr. Oetker. Die eher traditionelle Marke begleitete über einen längeren Zeitraum die stetige Forderung der Community nach einer Fischstäbchen-Pizza. 2022 kam das Familienunternehmen dem Ruf nach, brachte eine echte Pizza mit Fischstäbchen auf den Markt und ging viral.
Negative Trends mit Insider-Codes ins Positive umdeuten
Die strategische Bedeutung von Memes und Insidern in der modernen Kommunikation zeigt sich auch eindrucksvoll am Beispiel des Kokosnuss- bzw. Palmen-Emojis. Aus einer Rede, mit einer von Harris vorgetragenen Anekdote zu Kokospalmen, nutzten Republikaner den Clip, um die Vizepräsidentin zu verspotten und zu diskreditieren. In einer bemerkenswerten Wendung gelang es Harris’ Anhängern, die Symbolik umzudeuten und zu einem kraftvollen Zeichen der Unterstützung zu transformieren. Da die Kokospalmen-Emojis ohne Kontext nicht zu entschlüsseln sind, entfalten sie dadurch eine besondere Wirkung als Insider-Code.
Diese Entwicklung unterstreicht die Dynamik digitaler Kommunikation und birgt wichtige Erkenntnisse für Marken. Sie verdeutlicht, wie entscheidend es ist, positive wie negative Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen, um flexibel darauf reagieren zu können. Noch wertvoller kann es sein, selbst proaktiv Symbole zu etablieren: Durch die gezielte und konsistente Nutzung eines visuellen Elements, dessen Bedeutung sich ohne Kontext nicht direkt erschließt, können Marken nicht nur ihre Wiedererkennbarkeit steigern, sondern auch die emotionale Bindung zu ihrer Zielgruppe vertiefen.
Meme-Experten sind die neuen Unternehmensberater
Kamala Harris und ihr Team haben eindrucksvoll bewiesen, wie das eigene öffentliche Image innerhalb weniger Tage komplett umgekrempelt werden kann. An dieser Entwicklung waren allerdings auch Meme-Multiplikatoren wie Saint Hoax und ihre Millionen Follower maßgeblich beteiligt. Die Betreiber solcher Meme-Seiten beweisen täglich, dass sie aktuelle Themen pointiert und mit wenigen Worten humorvoll für die Gen Z sowie Millennials präsentieren können. Von diesen Fähigkeiten können auch Marken profitieren, wenn sie jüngere Zielgruppen über soziale Medien erreichen möchten. Die Influencer verfügen über ein ausgeprägtes Gespür für aktuelle kulturelle Strömungen und die Nuancen digitaler Kommunikation, was Unternehmen helfen kann, neue Perspektiven für ihr Brand-Building zu entdecken – Potenziale, die klassische Unternehmensberatungen möglicherweise übersehen würden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Harris’ Social-Media-Strategie einen bemerkenswerten Ansatz im modernen digitalen Marketing zeigt, indem sie primär in den Aufbau ihres Images investiert, statt aggressiv um Spenden zu werben. Dieser Fokus auf Markenbildung hat sich ausgezahlt und bietet wertvolle Einsichten für Unternehmen: Es kann wichtiger sein, eine starke Marke aufzubauen, als kurzfristige Verkaufsziele zu verfolgen. Indem Marken authentisch bleiben, aktuelle Trends kreativ nutzen und ihre Community aktiv einbinden, können sie eine loyale Anhängerschaft aufbauen. Wie Harris’ Beispiel zeigt, können sich Verkäufe oder Unterstützung als natürliche Folge einer starken Markenidentität von selbst einstellen, was langfristig zu stärkerer Kundenbindung und nachhaltigem Geschäftserfolg führen kann.